Studie zur Abfallvermeidung in Baden-Württemberg

Lebensmittelsektor

Lebensmittel in Plastik verpackt

Im Lebensmittelsektor wurden vor allem Frischwaren betrachtet. Aufgrund des großen ökologischen Rucksacks und der ethischen Aspekte wurden die abfallträchtigen Obst- und Gemüsefrischwaren, Molkereiprodukte, Fleisch- sowie Brot- und Backwaren untersucht. 

Lebensmittelabfälle resultieren in vielen Fällen aus dem Verlust der Beziehungen zwischen den einzelnen Stationen der Lebensmittelkette und der Tatsache, dass insbesondere Frischwaren nur kurz haltbar sind und teilweise (saisonalen) Produktionsschwankungen unterliegen. Produktion und Distribution von Lebensmitteln richten sich stark am Endkunden aus.

Der Verbraucher wünscht in der Regel nur die optisch besonders ansprechenden Produkte. Diese Waren sollen zudem noch möglichst zu jeder Jahres- und Uhrzeit im Lebensmitteleinzelhandel verfügbar sein. Dadurch entsteht in der Lebensmittelkette ein Druck zu Überhaltungen und ein Problem im Umgang mit der Ware, die nicht mehr den vermeintlichen Anforderungen des Kunden entspricht und in der Folge nicht mehr über den Lebensmitteleinzelhandel zu vermarkten ist. 

Kein Austausch von Überhängen

Der Einzelhandel hat sich den Kundenwünschen angepasst und entsprechende Normen und Zertifizierungen eingeführt, die vor allem der Lebensmittelsicherheit geschuldet sind. Der spontane Austausch von Waren im regionalen Strom zwischen örtlichen Produzenten und Händlern, zum Beispiel zur Weiterverarbeitung von Produktionsresten oder Warenüberhängen, wird dadurch jedoch eher behindert. Zudem kann der Lebensmitteleinzelhandel aufgrund seiner großen Marktmacht seine Vorstellungen ohne Weiteres in der gesamten Lebensmittelkette von der Produktion, über die Verarbeitung bis zum Handel durchsetzen. 

Ein Austausch von Überhängen und anders nicht zu vermarktender Ware aus der Lebensmittelkette mit potenziellen Abnehmern wie Großverbrauchern und Weiterverarbeitern in der Region erfolgt nicht. Begründet wird dies damit, dass zum einen die Überhänge an Waren an den einzelnen Anfallstellen für sich genommen zu gering sind und nur in Summe ein relevantes Potenzial ergeben. Zum anderen sind große Weiterverarbeiter, zum Teil aber auch Großverbraucher wie Großküchen in der Regel auf quantitativ und qualitativ einheitliche Produkte mit anderen Produktspezifikationen im Input angewiesen. Hierzu liegen zumeist separate Vertragsverhältnisse mit Lieferanten vor, die genau dies garantieren. 

Ein weiterer Umstand, der ein hohes Abfallaufkommen begünstigt, ist der Verkauf von verpackten Frischwaren im Lebensmitteleinzelhandel. Dieser führt neben der Verpackung zu einem zusätzlichen Aufkommen an Lebensmittelabfällen, da bereits bei kleinen Schadstellen üblicherweise der Inhalt ganzer Gebinde entsorgt wird. 

Auch aufgrund von geringen Verkaufspreisen ist die Wertschätzung für Lebensmittel häufig gering, so dass ein erreichtes Mindesthaltbarkeitsdatum zum Beispiel bei Molkereiprodukten den Verbraucher schnell zur Entsorgung der Ware veranlasst, obwohl noch keine oder nur geringe Qualitätseinbußen vorliegen. 

Aufbau lokaler Netzwerke

Die im Rahmen der Studie erarbeiteten Maßnahmenvorschläge greifen die genannten Schwachstellen auf. So sollte das weitgehend voneinander unabhängige Handeln der Akteure in der Lebensmittelkette durch die Schaffung von Netzwerken möglichst wieder aufgehoben werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Lebensmittelsektor dienen daher überwiegend dem Aufbau von lokalen Netzwerken. Sie haben den Zweck, entsprechende Warenangebote von Erzeugern, Großhändlern und des Lebensmitteleinzelhandels auf lokaler Ebene zu bündeln, so dass sie von dort ansässigen Großverbrauchern genutzt werden oder in lokale Strukturen der Weiterverarbeitung einfließen können.

Abfallvermeidung im Einzelhandel ist über eine Optimierung der Dispositionssysteme sowie das Beibehalten eines losen Abverkaufs von Frischprodukten möglich. Eine freiwillige Vereinbarung mit den betroffenen Verbänden sowie die Auszeichnung entsprechend vorbildlicher Märkte könnte dies stützen.

Zudem bedarf es strategischer Kreativität, um Warenüberhänge im Einzelhandel verlässlich abzuverkaufen. Aufklärungskampagnen zur Lebensmittelwertschätzung und (Schul)Bildungskurse zur Lebensmittelkunde können hier sinnvoll unterstützen.

Speiseabfälle in Großküchen reduzieren

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen sind Maßnahmen im Zusammenhang mit Großküchen. Dort fallen in großen Mengen Verarbeitungsrückstände wie zum Beispiel Putzreste und Speisereste an.

Vermeidungspotenzial ist vor allem bei den Speiseabfällen gegeben, das insbesondere durch eine bedarfsoptimiertere Produktion von Mahlzeiten und eine bedarfsorientiertere individuelle Angebotsmenge ausgeschöpft werden kann. Ansätze zur Reduktion von Speiseabfallmengen sind zum Beispiel der Umbau von Großküchen hin zu Buffetangeboten oder die endgültige Zubereitung der Speisen direkt beim Kunden mit Hilfe von Cook & Chill-Öfen (Öfen, mit denen vorbereitete Essenportionen fertig gegart werden können). Zur Umsetzung derartiger Maßnahmen können finanzielle Beihilfen als Anreiz dienen. 

Noch immer sind Teile der in dieser Studie vorgeschlagenen Maßnahmen in der Praxis nicht oder nur zum Teil umgesetzt. Das Umweltministerium engagiert sich daher weiterhin in der Lebensmittelabfallvermeidung und setzt bei seinen Maßnahmen auf unterschiedliche Instrumente wie zum Beispiel lokale Pilotprojekte, Ideenwettbewerbe, freiwillige Vereinbarungen und Auszeichnungen. Die betroffenen Verbände sind hierbei wichtige Gesprächspartner und Akteure. Alle Aktionen müssen stark öffentlichkeitswirksam erfolgen.

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