ABFALLVERZEICHNIS DER Europäischen Union

Welche Abfallarten gibt es?

Die verschiedenen Arten von Abfällen werden EU-weit nach dem Europäischen Abfallverzeichnis der Europäischen Union klassiert und mit einem Schlüssel (Code) EU-weit einheitlich bezeichnet. Das Europäische Abfallverzeichnis wurde mit der Abfallverzeichnisverordnung wortgleich in das nationale Recht umgesetzt. Zugleich regelt die Verordnung die Einstufung der Abfälle als gefährlich oder nicht gefährlich, wovon zahlreiche Anforderungen an die Lagerung, den Transport und die Behandlung der Abfälle abhängen.

Die Abfallverzeichnisverordnung enthält in ihrer Anlage insgesamt 839 Abfallschlüssel, die EU-weit als Nomenklatursystem zur Bezeichnung von Abfällen dienen. 405 davon sind dort mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet und damit als gefährlich im Sinn des Paragraf 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Nach Paragraf 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind an die Entsorgung sowie die Überwachung gefährlicher Abfälle besondere Anforderungen zu stellen. Bei diesen Abfallarten wird aufgrund von Erfahrungswerten von vornherein angenommen, dass sie eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften HP 1 bis HP 145 (Tabelle 1) aufweisen. Weitergehende Merkmalsbeschreibungen, Einstufungsgrenzen unter anderem in Abhängigkeit der stoffspezifischen Gefahrenhinweise (H-Sätze) enthält der Anhang III der Abfallrahmenrichtlinie.

Gefahrenrelevante Eigenschaften der Abfälle Beschreibung
HP 1 „explosiv" Abfall, der durch chemische Reaktion Gase solcher Temperatur, solchen Drucks und solcher Geschwindigkeit erzeugen kann, dass hierdurch Zerstörungen in der Umgebung eintreten. Hierzu gehören pyrotechnische Abfälle, explosive Abfälle in Form von organischen Peroxiden und explosive selbstzersetzliche Abfälle.
HP 2 „brandfördernd" Abfall, der in der Regel durch Zufuhr von Sauerstoff die Verbrennung anderer Materialien verursachen oder begünstigen kann
HP 3 „entzündbar"

- entzündbarer flüssiger Abfall: flüssiger Abfall mit einem Flammpunkt von unter 60 °C oder Abfälle von Gasöl, Diesel und leichten Heizölen mit einem Flammpunkt von > 55 °C und ≤ 75 °C

- entzündbare pyrophore Flüssigkeiten und fester Abfall: fester oder flüssiger Abfall, der selbst in kleinen Mengen dazu neigt, sich in Berührung mit Luft innerhalb von fünf Minuten zu entzünden

- entzündbarer fester Abfall: fester Abfall, der leicht brennbar ist oder durch Reibung Brand verursachen oder fördern kann

- entzündbarer gasförmiger Abfall: gasförmiger Abfall, der an der Luft bei 20 °C und einem Standarddruck von 101,3 kPa entzündbar ist

- mit Wasser reagierender Abfall: Abfall, der bei Berührung mit Wasser gefährliche Mengen entzündbarer Gase abgibt

- sonstiger entzündbarer Abfall: entzündbare Aerosole, entzündbarer selbsterhitzungsfähiger Abfall, entzündbare organische Peroxide und entzündbarer selbstzersetzlicher Abfall

- entzündbarer flüssiger Abfall: flüssiger Abfall mit einem Flammpunkt von unter 60 °C oder Abfälle von Gasöl, Diesel und leichten Heizölen mit einem Flammpunkt von > 55 °C und ≤ 75 °C

-entzündbare pyrophore Flüssigkeiten und fester Abfall: fester oder flüssiger Abfall

HP 4 „reizend – Hautreizung und Augenschädigung" Abfall, der bei Applikation Hautreizungen oder Augenschädigungen verursachen kann
HP 5 „Spezifische Zielorgan-Toxizität (STOT)/Aspirationsgefahr" Abfall, der nach einmaliger oder nach wiederholter Exposition Toxizität für ein spezifisches Zielorgan verursachen kann oder akute toxische Wirkungen nach Aspiration verursacht
HP 6 „akute Toxizität" Abfall, der nach oraler, dermaler oder Inhalationsexposition akute toxische Wirkungen verursachen kann
HP 7 „karzinogen" Abfall, der Krebs erzeugen oder die Krebshäufigkeit erhöhen kann
HP 8 „ätzend" Abfall, der bei Applikation Hautverätzungen verursachen kann
HP 9 „infektiös" Abfall, der lebensfähige Mikroorganismen oder ihre Toxine enthält, die im Menschen oder anderen Lebewesen erwiesenermaßen oder vermutlich eine Krankheit hervorrufen
HP 10 „reproduktionstoxisch" Abfall, der Sexualfunktion und Fruchtbarkeit bei Mann und Frau beeinträchtigen und Entwicklungstoxizität bei den Nachkommen verursachen kann
HP 11 „mutagen" Abfall, der eine Mutation, das heißt eine dauerhafte Veränderung von Menge oder Struktur des genetischen Materials in einer Zelle verursachen kann
HP 12 „Freisetzung eines akut toxischen Gases“ Abfall, der bei Berührung mit Wasser oder einer Säure akut toxische Gase freisetzt (Akute Toxizität 1, 2 oder 3)
HP 13 „sensibilisierend" Abfall, der einen oder mehrere Stoffe enthält, die bekanntermaßen sensibilisierend für die Haut oder die Atemwege sind
HP 14 „ökotoxisch" Abfall, der unmittelbare oder mittelbare Gefahren für einen oder mehrere Umweltbereiche darstellt oder darstellen kann
HP 15 „Abfall, der eine der oben genannten gefahrenrelevanten Eigenschaften entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht unmittelbar aufweist“  

 

Da die vorgenannten Kriterien aber nicht bei allen 405 als gefährlich gekennzeichneten Abfallarten immer erfüllt sind, existieren etwa 200 sogenannte Spiegeleinträge, die auch eine Einstufung als nicht gefährlicher Abfall ermöglichen. In der Regel sind die Spiegeleinträge in der Abfallverzeichnisverordnung wie in Tabelle 2 dargestellt formuliert.

Abfallschlüssel Abfallbezeichnung
xx yy zz* Abfall A, der gefährliche Stoffe enthält
xx yy z(z+1) Abfall A mit Ausnahme des unter xx yy zz genannten

 

Die Entscheidung, ob ein Abfall einem gefährlichen oder einem nicht gefährlichen Spiegeleintrag zuzuordnen ist, muss Anhand der stofflichen Eigenschaften geprüft werden. Es ist zu prüfen, ob eines der HP-Kriterien gegeben ist. In diesen Fall ist der Eintrag für den gefährlichen Abfall zu verwenden.

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